Luftschadstoffe, die 5.: Stickoxide – Ein aktueller Überblick

… deutliche, jahrelange Grenzwertüberschreitungen der Stickoxide (NOx) in vielen deutschen Städten, 
… etliche Urteile der Verwaltungsgerichte gegen Kommunen (z.B. letztens am 19.7.17 gegen Stuttgart),
… neue Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) – auch gegen Heilbronn,
… der Regierungs-Dieselgipfel Anfang August,
… eine optimistische Stellungnahme des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) und faktenbasierte Zweifel des Umweltbundesamtes (UBA) zu dessen Ergebnissen, 

… sie sind in aller Munde als Informationsflut, in der man leicht die Übersicht verliert: Was sind die Fakten? Deren Konsequenzen? Wer hat Recht? Wer kann was tun?

Hier sind 10 Fakten & Schlüsse, die wir in Heilbronn für besonders relevant halten – damit Sie sich zurechtfinden! Sie sind verbunden mit den Quellenangaben – wegen ihrer Transparenz und zum Weiterlesen:

  1. NO2 ist ein Gesundheitsgift (braunrotes, charakteristisch riechendes, äußerst korrosives und giftiges Gas) und kommt z.B. an einem der höchstbelasteten Straßenabschnitte im Heilbronner Hauptstraßennetz (LUBW-Station Weinsberger Straße) zu 65% aus den Abgasemissionen des Straßenverkehrs als Hintergrund und Lokalbelastung vor, vorwiegend aus Dieselmotoren (s. LUBW Jahresbericht 2015, Abb.3-4).
  2. Der Jahresmittelwert der auf uns einwirkenden Luftkonzentration (Immission) an dieser repräsentativen, verkehrsreichen Messstelle in der Innenstadt liegt seit Jahren (!) mit ca. 60 µg/m³  (2015/16) um 50% über dem zulässigen Grenzwert von 40 µg/m³  (siehe LUBW, „Kurzüberblick Luftqualität 2016″, S.17)
  3. Heilbronn hat eine Besonderheit im Vergleich zu vielen Städten: Der repräsentative Hintergrund in der Stadt liegt mit ca.30 µg/m³  bereits recht hoch!  (siehe LUBW, „Kurzüberblick Luftqualität 2016″, S.18)
  4. Der VDA kommunizierte optimistisch eine Senkung der NOx-Emission um 12-15 % bis 2019 nach den Beschlüssen des Dieselgipfels (s. Heilbronner Stimme vom 19.8.), obwohl ohne umfangreiche Modelleberechnungen überhaupt keine verlässlichen Minderungen abschätzbar sind.
  5. Diese hat das UBA für 2 Beispielfälle unternommen: Es berechnen eine Senkung der Emission um nur 3-7% durch die Beschlüsse des Dieselgipfels  unter einigen Annahmen, wie z.B. dem (freiwilligem) Umsetzungsgrad der Softwareupdates, der angenommenen Emissionsminderung an den Fahrzeugen und wie eine Umtauschprämie durchgreift (s. Heilbronner Stimme vom 24.8.2017 und die dem zugrunde liegende Pressmitteilung und Fallstudie des UBA vom 23.8.2017).
  6. Die Fakten für Heilbronn sind unzweideutig: So kann eine notwendige nachhaltige Senkung des repräsentativen Jahresmittelwertes von ca.60 µg/m³  auf unter 40µg/m³  gar nicht erreicht werden!  Eine Senkung der Emission um weniger als 10% (NOx!) in der zusätzlichen Lokalbelastung an der Hauptstraße bringt bei der Immission (NO2!) noch weniger aufgrund der in der Atmosphäre ablaufenden Ozon-Chemie.
  7. Um die NO2-Immission (Gesamtbelastung) um 33% zu senken (also von 60 µg/m³  auf 40 µg/m³),  bedarf es (speziell in der Weinsberger Straße) einer KFZ-Emissionsminderung von mehr als 50% unter Beachtung der ja bereits recht hohen regionalen Hintergrundbelastung (siehe 3.).
  8. Die Konsequenzen für Heilbronn liegen auf der Hand: Dieses Ziel kann nur durch nur durch kraftvolle Maßnahmen mit Augenmaß zur Vermeidung und Lenkung von Verkehr, der städtischen Zufahrten und zum Ausbau von mobilen Alternativen erreicht werden.
  9. Heilbronn sollte zeitnah und vorausschauend handeln – oder sollen erst die Gerichte die Maßnahmen diktieren?
    Frau BM A.Christner ist zwar grundsätzlich zuzustimmen, dass Alleingänge von Kommunen nicht zielführend sind: „Wir sind für eine abgestimmte, gemeinsame Linie der betroffenen Kommunen“.(Heilbronner Stimme 25.8.2017, S.1).
    Aber: Worauf wartet Heilbronn denn eigentlich noch ? Natürlich wird Einiges auf Landesebene oder Bundesebene entschieden (Durchfahrverbote, blaue Umweltzone, Citymaut). Selbstverständlich ist die Kommune auch gefordert, eigenständige, spezifische Maßnahmen für Ihre Bürger und deren Gesundheit zu entwickeln, wie Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung, Elektrifizierung des städtischen Fuhrparks, Straßenumbau, Ausbau des ÖPNV, Rad- und Fußwegeausbau – um nur einige Beispiele und Ideen zu nennen.
    Frau BM A.Christner ist nicht zuzustimmen, wenn sie auf bisherige Klimaaktivitäten, z.B. den Ausbau der Rad- und Fußwege verweist. Ersten hat es hier im Haushalt 2016/17 massive Kürzungen gegeben, zweitens reicht das allein überhaupt nicht aus, da es Maßnahmen sind, die im unteren einstelligen %-Bereich nur Minderungen bringen. Drittens schließlich sprechen der weiter steigende Fahrzeugbestand in der Stadt und die stagnierende ÖPNV-Nutzung eine deutliche Sprache.
  10. Nur alle oben beispielhaft genannten Maßnahmen zusammen sind im Bündel wirksam! Erste Vorschläge einer lokalen Arbeitsgruppe (unter Teilnahme der Lokalen Agenda 21) zu den Luftschadstoffen liegen auf dem Tisch!
    Weitere eigene Vorschläge zur Verbesserung des ÖPNV sind in Vorbereitung.
    Auch die Deutsche Umwelthilfe empfiehlt in ihrer Schrift „Klagen für Saubere Luft“ 15 lokale Maßnahmen! 
    => Da wird ja wohl für Heilbronn was dabei sein ?
    => Kommen wir ins Gespräch !?

Ihr Th.Bergunde
Sprecher des AK Rat für Klimaschutz.

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Sie erreichen uns z.B unter: ak.rat-fuer-klimaschutz@agenda21-hn.de