Erlebnisbericht: Straßburg & Offenburg sind gute Beispiele für nachhaltige Mobilitätsentwicklung – auch für Heilbronn.

Das hat eine Fachexkursion der „Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen Baden-Württemberg“ (AGFK-BW) am 12.10.2018 gezeigt. Das Thema war: „Innovative Ansätze zur Förderung nachhaltiger Mobilität“.

Einen ausführlichen Bericht dazu erhalten Sie übrigens am 5.11. im Workshop „In Heilbronn besser mobil sein“ am 5.November.

Zur Einordnung: Offenburg hat 60.000 Einwohener, Straßburg fast 280.000; Heilbronn liegt mit 127.000 Einwohnern in der Mitte dazwischen. Beide Städte setzen sich seit Jahren vorbildlich für einen Ausbau nachhaltiger Mobilität ein. Aufgrund der unterschiedlichen Stadtgrößen gibt es verschiedene Schwerpunkte.

Radinfrastruktur:

  • Beide Städte setzen auf einen kontinuierlichen Ausbau der Radinfrastruktur.
  • Dazu zählt – neben einem Ausbau der Radwege – auch die Erweiterung der Fahrradleihsysteme.
  • Beide Städte verfügen über Fahrradparkhäuser.
  • In Offenburg gibt es neben Fahrradboxen auch ein automatisches Radhaus in Nähe des Bahnhofs.
  • Die Radinfrastruktur ist durch ein „Mittelgrün“ farblich hervorgehoben. Das gilt für die Linien und die Teppiche und auch für die Leihräder.
  • In Straßburg können alle Arten von Rädern ausgeliehen, vom Kinderrad über Tandem auch Pedelecs und elektrisch unterstützte Lastenräder.
  • Bemerkenswert ist, dass in Straßburg die meisten Räder in Langzeit vermietet werden.
  • Es gibt 4 mit Personal besetzte und einer Werkstatt ausgestattete Rad-Boutiquen und 22 Radstadion, an denen Räder geliehen werden.
  • Das Skelett des Radnetzes wird durch drei, gut ausgebaute Radstraßenringe um die Innenstadt und 10 Radialen gebildet.

Straßenbahn:

Rückrat der Innenstadtmoblität in Straßburg ist das Tramnetz (Tram=Straßenbahn) mit immer noch hochmodernen Niederflurfahrzeugen. Dieses Netz wird Schritt für Schritt ergänzt, zuletzt über den Rhein bis nach Kehl.

Parkplätze im Straßenraum:

  • Straßburg baut im Stadtkern, der Insel Schritt für Schritt ebenerdige Parkplätze ab.
  • Davon profitiert neben den Fußgängern und Radfahrern auch die Umwelt.
  • Der Pkw-Verkehr in der Innenstadt hat dadurch kontinuierlich abgenommen.
  • Jetzt steht die Reduzierung des Lieferverkehrs im Fokus.

Mobilitätspunkte:    

  • Sowohl Offenburg als auch Straßburg bauen ihr bestehendes Netz von Mobilitätspunkten, durch die die intermodale Mobilität unterstützt wird, aus.
  • Am Hauptbahnhof In Straßburg steht fast jedes Verkehrsmittel, außer Schiff und Fluggerät, ortsnah zur Verfügung,. Neuerdings können auch Kick-Roller in Parkhäuser für die letzte Meile ausgeliehen werden; elektrische Roller sollen hinzukommen.
  • In Offenburg gibt es 4 Mobilitätsstationen und 12 Mobilitätspunkte, an denen mindestens Fahrräder, meistens auch PKW ausgeliehen werden können und ein Anschluss zum Busnetz besteht.

Kommunalpolitik:

  • In beiden Städten gibt es Car-Sharingangebote mit Zuwachsraten von über 20% /Jahr.
  • In Straßburg hat der Ausbau einer nachhaltigen Mobilität die Unterstützung der Bevölkerung und auch der Politik.
  • Es werden auch neue Ideen punktuell ausprobiert und bei Erfolg flächendeckend übernommen. Man geht damit – ohne jahrelange Diskussionen und Planungen – sehr pragmatisch um.
  • In Einführung ist ein Mobilitätspass, der für Tram, Bus, Rad und PKW-Leihe, Parkhäuser und dem Bahnregionalverkehr gilt.
  • In Offenburg stehen die Oberbürgereisterin, die Dezernenten und auch die Mitarbeiter im Baudezernat geschlossen hinter dem Ausbau der neuen Mobilität.
  • Eine gute Betreung und Weiterentwicklung der Mobilitätsstationen erfordert im Baudezernat mindestens eine Personalstelle.
  • Die Einbeziehung von 11 Randkommunen ist im Gespräch und auch die Entwicklung einer Mobilitäts-APP, die alle Mobilitätsformen in der Region bis Karlsruhe abbildet, wird kurzfristig beauftragt.

Heilbronn – Warum hinken wir in Heilbronn weit  hinterher? Eine persönliche Antwort dazu.

  • In Heilbronn fehlen die Visionen, die – zielstrebig angepeilt – von der Rathausspitze und der Politik mitgetragen werden.
  • Die Radwegeinfrastruktur wird zwar langsam und aufwendig Schritt für Schritt ausgebaut. Für die Planung und Umsetzung zukunfsweisender Mobiltätsprojekte fehlt aber im Baudezernat das dafür dringend notwendige Personal.
  • Die Zuständigkeit für die Mobilität, die ganzheitlich gedacht und umgesetzt werden muss, ist auf viele Ämter verteilt. Wenn nicht ein „Amt für Mobilität“, dann brauchen wir zumindest einen Mobilitätsmanager als Organisator. Die Stadt Offenburg leistet sich mit ihren 60.000 Einwohnern eine Stabstelle Mobilität der Zukunft; man sieht den Erfolg.
  • Der Stadtpolitik in Heilbronn fehlen weitgehend die Ideen und der Mut für neue , zeitgemäße Mobilitätsansätze und -wege. Selbst bei der Entwicklung neuer Stadtgebiete (Neckarbogen) werden bisher zukunftsorientierte Vorschläge nur halbherzig umgesetzt (Tiefgaragen).
  • Die Bürger dieser Stadt Heilbronn sind viel weiter. Das zeigen die Vorschläge zur zukünftigen Mobilität im Rahmen vieler bürgerbeteiligten Projekte.

Uwe Ahrens, Mitglied Arbeitskreis Mobilität und Teilnehmer der Fachexkursion.