Hohe Stickoxidwerte verteilt in Heilbronner Innenstadt & zu viel Verkehr – Heilbronner Stimme berichtet, Stadtverwaltung informiert – die Fakten

Nachdem BUND, VCD, Naturfreunde und Lokale Agenda 21 im Frühjahr 2018 eine eigene Grundsatzdokumentation zur Lage der Luftschadstoffe in Heilbronn erstellt haben, veröffentlichten wir am 28.11.2018 einen Messbericht über die Verteilung des Luftschadstoffes NO2 entlang der Hauptverkehrsstraßen der Heilbronner Innenstadt.

Wir konnten aufzeigen, dass (unter Beachtung möglicher Messfehler) wahrscheinlich entlang aller großen Verkehrsachsen (Südstraße, Oststraße, Mannheimer/Weinsberger Str., Wilhelm-/Urbanstraße) die NO2-Grenzwerte für das Jahresmittels (40 µg/m3) gerissen werden. Den Messbericht finden sie hier.

Die Kernbotschaft war für die Fachleute eigentlich nicht überraschend – Heilbronn hat ein flächenhaftes Problem bzgl. zu hoher Stickoxidbelastung – und nicht nur an einem (repräsentativen) Messort in der Weinsberger Straße.

Es kommt  nun darauf an,

  • sich dieser Herausforderung mutig und ehrlich zu stellen und
  • die durch den Verkehr induzierten Emissionen sowohl durch energische kommunale Maßnahmen
  • als auch durch Hinterfragen und Ändern des eigenen Mobilitätsverhaltens

drastisch zu vermindern – unser aller Gesundheit zum Nutzen.

Die Heilbronner Stimme greift dies auf und berichtet am 7.12. darüber.

Kurz danach berichtete Mitte Dezember die Stadtverwaltung in einem ausführlichen Pressegespräch, dass sie energisch an der Umsetzung des im Juli vom Gemeinderat beschlossenen „Masterplan nachhaltige Mobilität“ unter Nutzung aller Fördermöglichkeiten arbeitet, der mit konkreten Einzelmaßnahmen die Luftqualität schrittweise verbessern soll: 

  • schrittweiser Aufbau eines Park- und Verkehrsleitsystem incl. Datenerfassung und einer darauf aufbauenden intelligenten Verkehrssteuerung zur Regulierung und Minderung des Verkehrs durch der Innenstadt in den nächsten Jahren
  • Bau der Radroute Nordwest und eines Fahrradparkhauses am Bahnhof
  • Stärkung der planenden Personalkapazitäten
  • Abgasnachrüstung der Dieselbusse und Anschaffung neuer Busse mit Euro 6 Norm
  • Anschaffung von Elektrofahrzeugen und Bau von Ladestationen mit 466 Ladepunkten in halböffentlichen Bereichen
  • Erarbeitung eines Parkraumkonzeptes für die Innenstadt und Umsetzung ab 2020, z.B. Verdrängung des zu hohen Parkverkehrs durch höhere Gebühren
  • Schaffung von 2 Mobilitätspunkten (Bahnhof und Sonnenbrunnen) für einen Umstieg zwischen Bus, Bahn, Rad, Carsharing und E-Mobil.
  • Entwicklung einer regionalen Echtzeit-Fahrplan- und Ticket-Software unter Integration in die Websites und Vertriebssysteme des HNV

Genauer sind die (20) geplanten und zur finanziellen Förderung anstehenden Maßnahmen in der Drucksache 292 des Gemeinderates vom 20.12.2018 gelistet.

Die Stadtverwaltung beginnt also endlich mit förderfähigen Einzelmaßnahmen, ihre „Bringschuld“ abzutragen und eine Initiativ- und Vorbildrolle zu entwickeln. Inwieweit sich diese Maßnahmen auf unser aller Mobilitätsverhalten, auf die resultierende  Autoverkehrsmengen und die Luftqualität auswirken, bleibt hier noch offen. Ein Gesamtkonzept der Mobilität hinter allen Einzelmaßnahmen ist leider immer noch nicht erkennbar. Das ist auch nicht verwunderlich, da ja die entsprechenden strategischen Planungen früher vernachlässigt wurden und nun hinterher hinken und erst noch in Arbeit sind: Der Luftreinhalteplan 2019 und das neue Mobilitätskonzept 2030 der Stadt.

Im Luftreinhalteplan in 2019 sollen die zu erwartenden Effekte auf die Luftqualität dann berechnet und dargestellt werden – um auch einem zu erwartenden Gerichtsprozess gegen Heilbronn in der 2.Jahreshälfte bzgl. der Einhaltung der NO2-Grenzwerte Stand zu halten. Wir dürfen gespannt sein.

Das Mobilitätskonzept 2030 muss die Frage beantworten, wie endlich der von Jahr zu Jahr in der Region ansteigende Mobilitätsbedarf effektiv und effizient kanalisiert und besser als Verkehr von der Straße auf alle Verkehrsträger verteilt werden kann. Damit er nachhaltig für das Klima, die Luftqualität, unser Gesundheit und unser Stadt gestaltet wird. Wie dringend ein solches Gesamtkonzept nachhaltiger Mobilität ist, wies die Heilbronner Stimme de facto am 21.Dezember mit den neuesten Autoverkehrszahlen (aus 2015) nach: 46 – 49 Tausend Fahrzeuge befahren die Hauptachsen der Innenstadt pro Tag. Sie bestätigen nicht nur die Trends aus unseren verteilten Stickoxidmessungen. Sie zeigen auch die zentrale Botschaft auf: 
Die Einzelmaßnahmen des „Masterplans nachhaltige Mobilität“ sind (nur) ein nötiger und richtiger Anfang für weniger Verkehr und Luftschadstoffe. Unser geliebtes und teures System des automobilen Verkehrs insgesamt ist am Leistungslimit, es steht im Stau und verursacht einen Menge Risiken und Nebenwirkungen – nicht nur für jeden sichtbar auf der A6 sondern auch hier bei uns in der Stadt. Es muss nachhaltig, mutig und energisch reformiert werden, z.B.:

  • Umweltverbund miteinander vernetzter öffentlicher und privater Verkehrsträger 
  • attraktive, flexible Angebote dieses Umweltverbundes über Apps
  • attraktiv machen von Fahrgemeinschaften der PKW-Fahrer
  • attraktive Angebote & Möglichkeiten für Radler – schick, gesund, schnell, sicher!
  • unverzügliche Einschränkung und Umleitung des unnötigen Durchgangsverkehrs durch die Innenstadt, z.B. durch die Gerberstraße
  • Stringente Parkraumbewirtschaftung in der Innenstadt unter Nutzung der ausreichend vorhandenen Parkhauskapazitäten
  • Schaffung von ergänzenden Dienstleistungsangeboten, z.B. für (Shuttle)Transporte von Personen, Einkäufen und Lieferungen in der Innenstadt.

Hierzu hat auch die Lokale Agenda 21, AK Mobilität, bereits ausführliche Vorschläge vorgelegt bzgl.

 

Wie sehen Sie das? Schreiben Sie uns, wir sind neugierig! (siehe „Kontakt“)

Th.Bergunde / Sprecher AK Rat für Klimaschutz